Neu: ÖVI-Musterkaufanbote
Im Laufe des letzten Jahres hat die Bundesarbeiterkammer insbesondere im Großraum Wien eine Vielzahl an Maklerunternehmen hinsichtlich der Verwendung verschiedener Klauseln in Kauf- oder Mietanboten abgemahnt. In Reaktion auf diese Abmahnwelle hat der ÖVI in enger Abstimmung mit dem Fachverband der Immobilientreuhänder der WKO und in Zusammenarbeit mit Engin-Deniz, Reimitz, Hafner Rechtsanwälte Musterkaufanbotsformulare für (gebrauchte) Eigentumswohnungen und ein weiteres für Grundstücke / Einfamilienhäuser erstellt, die als ausfüllbare PDFs zum Download zur Verfügung stehen. Der Branche sollte damit ein ausgewogenes, auf die notwendigen Inhalte reduziertes, aber dennoch der Vielfältigkeit der Praxis entsprechendes Musterformular zur Verfügung stehen und obendrein den Spagat zwischen den Erfordernissen der Kunden und den Anforderungen des Konsumentenschutzgesetzes gerecht werden – ein ambitioniertes Vorhaben, das jetzt den Praxistest antritt.
Das Konsumentenschutzgesetz räumt klagsberechtigten Interessensverbänden wie etwa der Bundesarbeiterkammer die Möglichkeit ein, Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Formulare einer strengen Inhaltskontrolle zu unterziehen, um die Verwendung unlauterer Vertragsklauseln von vornherein zu verhindern. Die abgemahnten Unternehmen kamen dadurch in die äußerst unangenehme Lage, entweder umfassende Unterlassungserklärungen abzugeben oder sich andernfalls einem mit hohem Prozesskostenrisiko verbundenen Verbandsverfahren (§28 KSchG) auszusetzen, dessen Ausgang mit großen Unsicherheiten behaftet ist.
Denn eine der Besonderheiten der sogenannten Verbandsklage ist, dass die Auslegung von Klauseln in Vertragsformblättern in der »kundenfeindlichsten« und somit für den Verbraucher im ungünstigsten möglichen Sinn zu erfolgen hat. Viele auf den ersten Blick zivilrechtlich unverdächtige Vereinbarungen in einem Vertragsformblatt (die nicht einzeln ausgehandelt wurden) können sich unter dem Filter des § 879 Abs 3 ABGB und des Konsumentenschutzgesetzes im Verbandsverfahren als unzulässig herausstellen.
Ein zentraler Kritikpunkt, der in allen Abmahnungen vorgebracht wurde, lag in der Verquickung des Anbots und der Provisionszahlungspflicht des Interessenten an den Makler. Die Verwendung eines solchen »Hybrids« kann aus mehreren Gründen problematisch sein, denn der Makler ist weder Vertragspartei, noch unterschreibt er das Anbot, das sich auch deklariert an den Abgeber richtet.
Wir haben uns nach intensiven Diskussionen und Beratungen mit Rechtsexperten dazu entschlossen, von einer Dokumentation der Provisionsvereinbarung im Anbot abzusehen.
Dies aus dem einfachen Grund, weil es in der gelebten Form nicht zur rechtlichen Sicherung des Provisionsanspruchs beiträgt.
Verzichtet wurde in den Mustern auch auf die in vielen Verträgen vorzufindenden Tatsachenbestätigungen (z.B. es wird bestätigt, das Objekt umfassend besichtigt zu haben oder z.B. bestimmte Unterlagen erhalten oder gelesen zu haben) – derartig vorformulierte Klauseln in Formularen und Textbausteinen sind nach dem KSchG unwirksam. Andere Formulierungen und Dokumentationen können unter Umständen Abhilfe leisten, wenn es dadurch nicht zu einer Beweislastumkehr des Konsumenten kommt.
Die AK kritisierte in sämtlichen Abmahnungen, dass die verwendeten Anbote nicht ausreichend bestimmt seien – dies sei bereits dann der Fall, wenn nicht sämtliche Informationen und Beschreibungen auch im Anbot angeführt sind, über die der Makler im Zuge der Vermittlung Auskunft zu erteilen hat, um allenfalls eine spätere auf Irrtum gestützte Vertragsanpassung zu vermeiden. Dieser Ansicht muss insofern klar widersprochen werden, als in dieser Argumentation eine unzulässige Vermengung der einen Makler treffenden Informationspflichten gemäß § 3 Abs 3 MaklerG und den »essentialia negotii« eines Miet- oder Kaufvertrages erfolgt. Mit anderen Worten: Die einen Makler treffenden Informationspflichten sind nicht auch zwingend notwendiger Vertragsinhalt von Miet- und Kaufverträgen. Etwaige Verletzungen führen nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages, sondern zu Schadenersatzansprüchen gemäß § 3 Abs 4 MaklerG gegenüber dem Makler,« wie der Wohnrechtsexperte Mag. Andreas Berger in einer Stellungnahme an den ÖVI treffend ausführt.
Zum gleichen Ergebnis kommt auch Rechtsanwalt Dr. Carl Knittl in seiner Analyse: »Tatsachen, die für das abzuschließende Geschäft wesentlich sind, gehören nicht zwingend zum wesentlichen Vertragsinhalt. Dabei handelt es sich um die Grundlagen, auf denen das Angebot aufgebaut wird. Natürlich kann ein Anbotsleger die Grundlagen, die ihn zur Abgabe eines Angebots bewogen haben, nennen. Unterlässt er dies, wird dadurch das Angebot noch nicht unbestimmt.« Die neuen Anbotsformulare sollten ausreichend Raum bieten, das jeweilige Kaufobjekt, dessen Zustand und seine wesentlichen Eigenschaften möglichst präzise beschreiben zu können. Von dieser Möglichkeit sollte auch Gebrauch gemacht werden, nicht zuletzt um den Vertragswillen ebenso wie den geschuldeten Zustand bestmöglich zu dokumentieren.
Geplant ist, demnächst auch ein praktikables Muster für ein Mietanbot zur Verfügung stellen zu können – der ÖVI arbeitet bereits daran.
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Mariahilfer Straße 116/2.OG/2 - 1070 Wien
Wir verwenden Cookies zur Benutzerführung und Webanalyse, die dabei helfen, diese Webseite zu verbessern. Bitte wählen Sie hier Ihre Cookie-Einstellungen.