Die Haftung des Verwalters bei Hausbetreuungsaktivitäten durch Wohnungseigentümer
Insbesondere in ländlicheren Gebieten ist es nicht ungewöhnlich, dass Hausbetreuungsaktivitäten von Wohnungseigentümern selbst durchgeführt werden. Welche Haftungsfragen stellen sich daraus und welcher Sorgfaltsmaßstab wird vom Verwalter erwartet?
Unlängst hatte sich der OGH in der »Leitentscheidung « zu 5 Ob 37/19f mit folgendem Sachverhalt auseinanderzusetzen: Eine Wohnungseigentümerin stürzte auf einem von Schnee geräumten, aber nicht gestreuten Parkplatz, welcher als Allgemeinfläche gewidmet war. Als Hausbetreuer wurde von einem anderen Wohnungseigentümer im fortgeschrittenen Alter durchgeführt und dieser dem Verwalter bereits mitgeteilt hatte, die Hausbetreuung eigentlich nicht mehr vornehmen zu wollen und zu können. Der Verwalter bat den Wohnungseigentümer um Benennung einer Ersatzkraft. Zusätzlich wurde sohin E*** eingeschalten; dieser sollte fortan für die Vornahme der großflächigen Räumung sorgen; kleinflächige Räumungen und die Streuung oblagen aber weiterhin dem Wohnungseigentümer. Die gestürzte Wohnungseigentümerin nahm die Eigentümergemeinschaft in Anspruch und argumentierte damit, dass sich die Eigentümergemeinschaft das Verschulden des Wohnungseigentümers nach vertraglichen Grundsätzen zurechnen lassen müsse. Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren mit der Begründung statt, es liege eine Sonderrechtsbeziehung zwischen Eigentümergemeinschaft und Wohnungseigentümern vor, die zu einer Gehilfenzurechnung nach § 1313a ABGB führe. Zu einem anderen Ergebnis kam jedoch das Höchstgericht: Der 5. Senat hat festgehalten, dass keine Sonderrechtsbeziehung vorliege und daher keine Zurechnung nach § 1313a ABGB erfolge. Vielmehr hafte die Eigentümergemeinschaft gegenüber den Wohnungseigentümern nur deliktisch. Der OGH begründete diese Entscheidung unter anderem damit, die Eigentümergemeinschaft sei gegenüber den Wohnungseigentümern nicht zur Liegenschaftsverwaltung verpflichtet. Im Gegensatz dazu sei dem Verwalter sehr wohl die Liegenschaftsverwaltung übertragen (§ 20 Abs 1 WEG), wobei die Wohnungseigentümer sogar unmittelbar durchsetzbare Rechte gegenüber dem Verwalter hätten. Mit der Entscheidung 5 Ob 37/19f ist zwar einerseits eine Haftungserleichterung für die Eigentümergemeinschaft verbunden, denn die deliktische Haftung ist im Vergleich zur vertraglichen Haftung vor allem in den Bereichen Gehilfenzurechnung, Beweislast und Vermögensschäden eingeschränkt.
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob es dadurch nicht zu einer Haftungsverlagerung auf den Verwalter kommt. Denn der Verwalter haftet gegenüber den Wohnungseigentümern nach bisheriger Judikatur nach vertraglichen Grundsätzen, da der Verwaltungsvertrag – jedenfalls in bestimmten Bereichen – Schutzwirkungen zugunsten der Wohnungseigentümer entfalten soll (vgl. etwa OGH 6 Ob 3/14f). Darüber hinaus zeigt die Entscheidung 5 Ob 37/19f auch auf, zu welchen Problemen es bei Hausbetreuungsaktivitäten durch Wohnungseigentümer kommen kann, wie etwa bei fortgeschrittenem Alter der Wohnungseigentümer oder Koordinationsproblemen der Wohnungseigentümer untereinander. Auf welcher Entscheidungsgrundlage eine »Do it yourself« Hausbetreuung eingerichtet werden kann, ist umstritten. Insbesondere, ob eine Überbindung mit Hausordnung, Mehrheitsbeschluss oder Vereinbarung möglich ist. Es existiert weder eindeutige höchstgerichtliche Judikatur dazu (vgl. OGH 5 Ob 209/09k; 5 Ob 155/11x), auch in der Literatur sind die Meinungen gespalten (vgl. dazu den Überblick bei Hochleitner, Verkehrssicherungspflichten in Wohnungseigentumsanlagen [2017] 107 ff). Ein Blick auf das deutsche Recht zeigt, dass dort der BGH einen Mehrheitsbeschluss für nichtig und nur eine (einvernehmliche) Vereinbarung für zulässig erachtet (BGH V ZR 161/11).
Auch die Rechtsnatur solcher Hausbetreuungsaktivitäten ist nicht leicht zu beurteilen. Gegen das Vorliegen eines Arbeits- oder Werkvertrages im Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern untereinander spricht jedenfalls, dass man nicht gleichzeitig als Dienstgeber sein eigener Dienstnehmer sein kann. Gänzlich ausgeschlossen ist es aber nicht, dass zur Eigentümergemeinschaft ein Arbeits- oder Werkvertrag vorliegt. Dies wird bei einer Übertragung auf einen einzelnen Wohnungseigentümer sogar der Regelfall sein. Kommt man nun zur Rechtsfolgenseite – und dabei vor allem zu den Auswirkungen einer »Do it yourself«-Hausbetreuung auf den Verwalter, so entspricht es der höchstgerichtlichen Judikatur, dass es für die Haftung des Verwalters grundsätzlich keinen Unterschied macht, ob für die Hausbetreuung die Wohnungseigentümer oder ein externer Hausbetreuer zuständig ist (vgl. OGH 5 Ob 209/09k; 5 Ob 155/11x). Der Verwalter ist aber nur für die Organisation der Hausbetreuung zuständig; ihn trifft keine Erfolgshaftung (vgl. OGH 2 Ob 6/96). Daraus folgt, dass der Verwalter nur für eigenes Auswahl- und Überwachungsverschulden einstehen muss, sich aber eingesetzte Hausbetreuer (auch Wohnungseigentümer) nicht zurechnen lassen muss; diese sind allenfalls der Eigentümergemeinschaft zuzurechnen.
Ob ein Organisationsverschulden des Verwalters vorliegt oder nicht, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab. Richtungsweisende Entscheidungen sind diesbezüglich vor allem die folgenden, wobei im Rahmen des gegenständlichen Beitrages natürlich nur eine ganz kurze und auszugsweise Darstellung möglich ist: OGH 2 Ob 217/08p: Organisatorischer Mangel, wenn nicht genügend Personal und Gerätschaften. OGH 5 Ob 209/09k: Kein konkretes Versäumnis, wenn jedes Jahr Hinweis auf Notwendigkeit eines Winterdienstplanes und bei dem Anschein nach funktionierender Organisation.
Abgesehen von der allgemeinen Frage, welcher Sorgfaltsmaßstab vom Verwalter im Bereich des Auswahl- und Überwachungsverschuldens erwartet werden kann, ergeben sich bei »Do it yourself«-Hausbetreuungen auch noch weitere potentielle Probleme. So muss der Verwalter etwa überprüfen, ob ausreichend Gerätschaften bzw. sonstige Arbeitsmittel vorhanden sind, wie mit kurz oder längerfristigen Verhinderungen von Wohnungseigentümern umzugehen ist, und ob auch neu hinzutretende Wohnungseigentümer an die einmal getroffene Vereinbarung gebunden sind. Für diese Rechtsfragen gibt es keine eindeutige Lösung, die für alle in der Praxis auftretenden Sachverhalte gilt. Generell sollte der Verwalter aber die Wohnungseigentümer auf diese Probleme aufmerksam machen und diesen eine ausdrückliche Regelung empfehlen, wie etwa die Pflicht zur Beistellung einer geeigneten Ersatzkraft (auf eigene Kosten) bei Eintritt einer Verhinderung.
Auch das Sozialversicherungsrecht darf im Bereich der »Do it yourself «-Hausbetreuungen nicht außen vorgelassen werden. So hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bereits zu 89/08/0326 festgehalten, dass ein Minderheitseigentümer als (einziger) Hausbesorger zu allen Miteigentümern in einem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis steht. Nach Einführung der Rechtspersönlichkeit der Eigentümergemeinschaft hat sich diese Beurteilung insofern geändert, als es nun der Rechtsprechung des VwGH entspricht, dass das Dienstverhältnis eines Hausbesorgers zur Eigentümergemeinschaft besteht (VwGH 99/08/0173). Aber auch Mieter, denen die Hausbetreuung übertragen wurde, können nach der bisherigen Judikatur des VwGH als Hausbesorger oder sonstige (freie) Dienstnehmer einzustufen sein (2010/08/0256). Für die Beurteilung der Frage, ob es sich um einen Werkvertrag oder (freien) Dienstvertrag handelt, kommt es unter anderem darauf an, wer die Betriebsmittel stellt, ob eine generelle Vertretungsbefugnis besteht und ob Weisungs- bzw. Kontrollrechte ausgeübt werden.
von Dr. Clara Hochleitner
Rechtsanwaltswärterin bei Hochleitner Rechtsanwälte GmbH
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Mariahilfer Straße 116/2.OG/2 - 1070 Wien
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