In dieser aktuellen Entscheidung zu 5 Ob 170/18p stellte der OGH klar, dass in Ermangelung des Vorhandenseins von unbebauten Vergleichsliegenschaften (wie es § 16 Abs 3 MRG verlangt) auch auf bebaute, jedoch mit abbruchreifen, wertlosen Gebäuden versehene Liegenschaften als Vergleichsliegenschaften zurückgegriffen werden kann.
Zur Ermittlung der Lagezu- und -abschläge ist nach gesetzlicher Anordnung zunächst der der Lage des Hauses entsprechende Grundkostenanteil je m² Nutzfläche zu berechnen. Dazu bedarf es der Feststellung der in dieser Gegend üblichen Grundpreise für unbebaute, aber für Wohnbauten geeignete Grundstücke (idS ist § 16 Abs 3 MRG – der überwiegenden Lehre folgend – berichtigend auszulegen) durch einen Realitätensachverständigen und – allenfalls mithilfe eines Bausachverständigen – der Umlegung dieser Preise auf die unter Berücksichtigung der Bauvorschriften erzielbaren Wohnnutzflächen. Von der Differenz zwischen dem auf diese Weise errechneten und dem der Richtwertfestsetzung zugrunde gelegten Grundkostenanteil (§ 3 Abs 2 und Abs 5 RichtWG), der aus dem gemäß § 4 Abs 1 RichtWG mit dem Richtwert kundgemachten Prozentanteil rückgerechnet werden kann, bilden 0,33 % den Lagezuschlag bzw Lageabstrich.
Gerade im innerstädtischen, dicht verbauten Gebiet kann der Mangel an unbebauten aber für Wohnbauten geeigneten Vergleichsliegenschaften die Feststellung des für den Lagezuschlag maßgeblichen Grundkostenanteils massiv erschweren. Um in einem dicht verbauten Gebiet den Bodenwert zu ermitteln, wird üblicherweise das Residualwertverfahren herangezogen. Dem erteilte jedoch der OGH in seiner zu 5 Ob 78/06s ergangenen Entscheidung eine klare Absage. In dem damals vorliegenden Fall hatte der Sachverständige den Grundkostenanteil aus dem Kaufpreis für eine Eigentumswohnung heruntergerechnet, was aus Sicht des OGH den Vorgaben des § 16 Abs 3 MRG widersprach.
Im vorliegenden Fall hatte nun der Sachverständige aufgrund der Unmöglichkeit unbebaute Vergleichsobjekte in der Umgebung des Bestandobjekts aufzufinden, im Rahmen der Vergleichswertmethode auf Transaktionen zurückgegriffen, bei denen die keinen Wert mehr darstellende Bebauung abgerissen wurde. Diese Vorgangsweise sei hingegen im Wortlaut des § 16 Abs 3 MRG gedeckt, auch im Rahmen einer berichtigenden Auslegung des Begriffs „bebaut“. Im Sinne der herrschenden Lehre sei es jedenfalls vertretbar, entsprechend der von Schinnagl/Gröschl (Jahrbuch Wohnrecht 2017, 157 [166]) vertretenen Auffassung Liegenschaften mit abbruchreifen wertlosen Gebäuden, deren Sanierung technisch nicht machbar oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht vertretbar ist, unbebauten Liegenschaften zumindest dann gleichzustellen, wenn die Ermittlung eines Grundkostenanteils nach § 16 Abs 3 MRG mangels Vergleichsobjekten sonst scheitern müsste. Dem stünde auch die Entscheidung 5 Ob 78/06 nicht entgegen. Dass übrigens die Bebauung auf den hier vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichsliegenschaften wertlos war, haben die Vorinstanzen übereinstimmend festgestellt.
Zur Frage der Überdurchschnittlichkeit musste der OGH hier nicht neuerlich Stellung beziehen. Die Mieterin habe nämlich, nachdem sie im Verfahren erster Instanz zunächst die Berechtigung des Lagezuschlags wegen Vorliegen eines Gründerzeitviertels bestritten hatte, ihren Einwand noch im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens (Mitte des Jahres 2017) zurückgezogen und den von der MA 25 berechneten Lagezuschlag nicht nur als richtig bezeichnet, sondern sogar ausdrücklich anerkannt, so der OGH in seiner Begründung. Daher enthielt auch die Rechtsrüge des Rekurses in Bezug auf den Lagezuschlag nur Ausführungen betreffend dessen Höhe und die vom Sachverständigen gewählte Berechnungsmethode, die Überdurchschnittlichkeit bezweifelte die Mieterin hingegen in ihrem Rekurs nicht. Daher sei auch das Rekursgericht, so der OGH, folgerichtig davon ausgegangen, dass in Ansehung des Lagezuschlags nur dessen Höhe bzw. die Methode seiner Berechnung Gegenstand des Verfahrens war. Soweit die Mieterin erstmals im Revisionsrekurs versuchte, die Zulässigkeit des Lagezuschlags unter Hinweis auf die Entscheidung 5 Ob 74/17v in Zweifel zu ziehen, erfolgte dies sohin zu spät und verstieß damit gegen das Neuerungsverbot.
von Mag. Karin Sammer, ÖVI Rechtsexpertin
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Mariahilfer Straße 116/2.OG/2 - 1070 Wien
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