Alternative Streitbeilegungsverfahren – Wann treffen Unternehmen Informationspflichten?
Recht /
Seit Jänner 2016 wurde europaweit ein flächendeckendes System von unabhängigen Verbraucherschlichtungsstellen etabliert. Dieses neue Angebot erfolgt in Umsetzung einer EU Richtlinie und soll Verbrauchern neben der Gerichtsbarkeit ein zusätzliches Angebot zur Durchsetzung ihrer Rechte verschaffen. Basis dafür ist in Österreich das mit Jänner in Kraft getretene Alternative-Streitbeilegung-Gesetz (ASTG). Nach diesem Gesetz können sich Unternehmer und Konsumenten anstelle eines Gerichtsverfahrens freiwillig auch einem alternativen Streitbeilegungsverfahren unterziehen, wofür nunmehr eigene AS-Stellen (außergerichtliche Streitbeilegungsstellen) eingerichtet wurden.
Freiwillige Unterwerfung für Unternehmen
Die Unterwerfung bzw. Teilnahme am alternativen Streitbeilegungsverfahren erfolgt für Unternehmen grundsätzlich auf freiwilliger Basis. Dies kann etwa vertraglich in AGBs, in Angeboten oder im Einzelfall ausverhandelt werden. Eine gesetzliche Verpflichtung trifft hingegen nur bestimmte Unternehmungen, für die in den entsprechenden Materiengesetzen Regelungen vorgesehen sind, so etwa im Telekommunikationsgesetz, Eisenbahngesetz, Kraftfahrliniengesetz, Luftfahrtgesetz, und Schifffahrtsgesetz.
In Österreich wurden nunmehr spezielle, sogenannte AS-Stellen eingerichtet, an die sich Konsumenten im Streitfall wenden können:
Schlichtungsstelle der Energie-Control-Austria
Telekom-Schlichtungsstelle der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH
Post-Schlichtungsstelle der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH
Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte
Gemeinsame Schlichtungsstelle der Österreichischen Kreditwirtschaft
Internet Ombudsmann
Ombudsstelle Fertighaus
Darüber hinaus hat man für „allgemeine Verbraucherangelegenheiten“ gegen Jahresende 2015 eine allgemeine Auffangschlichtungsstelle eröffnet.
Grundsätzlich sind alle Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Verbrauchern über entgeltliche Verträge über Waren und Dienstleistungen erfasst. Da aber der Dienstleistungsbegriff der EU weiter gefasst ist als jener nach dem ABGB, sind unter Dienstleistungen auch Mietverträge zu verstehen sind. Denkbar ist daher auch, bei einer Streitigkeit über mietrechtliche Angelegenheiten nicht nur die derzeit schon bestehende Schlichtungsstelle in wohnrechtlichen Angelegenheiten, sondern davor auch die allgemeine Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte anzurufen, sofern der Vermieter Unternehmer ist. Keine Anwendung findet die außergerichtliche Streitbeilegung u.a. auf Kaufverträge über unbewegliche Sachen.
Wann trifft Unternehmen eine Informationspflicht?
Für einige Verunsicherung sorgen allerdings die vorgesehenen Regelungen hinsichtlich der Informationsverpflichtungen. Das alternative Streitbeilegungsgesetz (ASTG) sieht nämlich vor, dass der Unternehmer, der sich entweder freiwillig einer alternativen Streitbeilegung unterworfen hat oder gesetzlich dazu verpflichtet ist, den Verbraucher über die für ihn zuständige AS-Stelle vorab in Kenntnis zu setzen hat, damit der Kunde weiß, wohin er sich wenden kann. Diesbezüglich ist auf der Homepage oder gegebenenfalls in den AGBs darauf hinzuweisen.
ACHTUNG: Unternehmer, die sich jedoch weder freiwillig verpflichtet haben noch gesetzlich dazu verpflichtet sind, trifft diese „Vorweg-Informationspflicht“ nicht. Auch für Unternehmer, die keine AGBs verwenden und keine Website betreiben, besteht grundsätzlich keine Informationspflicht.
Strittig ist allerdings die Informationspflicht des § 19 Abs 3 ASTG des Unternehmers im Hinblick darauf, wenn ein konkreter Streitfall mit einem Verbraucher vorliegt. Können der Unternehmer und der Verbraucher in einer Streitigkeit keine Einigung erzielen, so hat der Unternehmer den Verbraucher auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger auf die für ihn zuständige AS-Stelle hinzuweisen. Der Unternehmer hat zugleich anzugeben, ob er an einem Verfahren teilnehmen wird. Welche Schlichtungsstelle für diesen Fall zuständig wäre ist dann im Einzelfall zu prüfen und diese Information ist sodann dem Verbraucher zu geben.
Nach Ansicht des Ministeriums trifft hier die Hinweisverpflichtung jedoch alle Unternehmer (also auch jene, die sich nicht unterworfen haben), wenn bei einer Streitigkeit mit einem Verbraucher aus einem entgeltlichen Vertrag über Waren und Dienstleistungen keine Einigung erzielen kann, und zwar unabhängig davon, ob er zur Teilnahme an diesem Verfahren bereit ist oder nicht. Diese Auffassung ist allerdings umstritten. Ebenso vertretbar erscheint die Auffassung, dass diese Informationspflicht betreffend den konkreten Streitfall nur für jene Unternehmer gilt, die sich vorab derartigen Schlichtungsverfahren unterworfen haben bzw. solchen gesetzlich unterliegen.
Die Verletzung von Informationspflichten des Unternehmers kann mit einer Geldstrafe bis zu 750 € bestraft werden (§ 29 ASTG).
Musterhinweis
Weiterführende Informationen:
WKO
Gesetzestext ASTG
Infos zum Ablauf und Verfahren vor der Verbraucherschlichtungsstelle
Alternative Streitbeilegungsverfahren – Wann treffen Unternehmen Informationspflichten? Standard Bild
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