Der Immobilienmakler als Sachverständiger
Schon im Vorfeld einer Immobilienvermittlung ist der Makler als
Immobilienexperte gefragt, den Wert eines Objektes einzuschätzen. Dabei ist er jedoch oft mit den überzogenen Erwartungen des Abgebers konfrontiert. In jüngster Zeit werden öfter Befürchtungen geäußert, der
Makler wolle, um schnell zu einem Vertragsabschluss zu kommen,
Immobilien möglichst günstig an- bzw. auspreisen. Erfahrungsgemäß gilt
oft das Gegenteil: Ein Objekt wird überteuert in das
Vermittlungsportfolio hereingenommen, um dann nach monatelanger
Bearbeitung allmählich auf (oder zumeist unter) den Marktwert zu
fallen, den es zu Beginn der Vermarktungsaktivitäten gehabt hätte. Wie
weit haftet nun der Makler dafür?
Die Haftung des Maklers für Angaben zum Wert
Als
Sachverständiger kann vom Makler erwartet werden, dass er über
einschlägige Probleme Bescheid weiß und richtige Auskünfte erteilt. Der
Makler hat gemäß § 3 Abs. 1 MaklerG die Interessen des Auftraggebers
redlich und sorgfältig zu wahren. Makler und Auftraggeber sind
verpflichtet, einander die erforderlichen Nachrichten zu geben. Im
Konsumentenschutzgesetz werden diese erforderlichen Nachrichten
konkretisiert: Den Makler trifft die Verpflichtung zur Aufklärung über
sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden
Geschäfts wesentlich sind. Die Verpflichtung zur Haftung besteht nach
allgemeinen Grundsätzen aber nicht nur im Verbrauchergeschäft! In den
Materialien zum Maklergesetz wird auf die Fachkenntnis des Maklers
hingewiesen, der "seine Marktkenntnisse und sein Hintergrundwissen
beratend einzubringen hat."
Soweit dem Makler ein
Provisionsanspruch zusteht, kann der Auftraggeber auch eine Mäßigung
nach Maßgabe der durch den Pflichtverstoß bedingten geringeren
Verdienstlichkeit des Maklers verlangen (§ 3 Abs. 4 MaklerG). Diese
Mäßigung ist unabhängig von einem Schaden, nimmt aber Bezug auf eine
objektiv vorwerfbare Pflichtverletzung. Der Nichterfüllungsschaden ist
aber beim unmittelbaren Vertragspartner einzuklagen, wie das folgende
Beispiel zeigt. Dieser kann sich dann allenfalls bei Makler
regressieren.
"Wohnung im Grünen" OGH 21.03.1991, 6 Ob 600/90
Der
Makler hatte eine Wohnung "im Grünen" angepriesen, die
Nachbarliegenschaft werde in einen Park umgewandelt. Letztlich wurde
die Liegenschaft mit einer Autobusgarage verbaut. Der Verkäufer wurde
wegen des Minderwerts der Eigentumswohnung belangt. Das Gericht stellte
fest, dass die Täuschung für den Vertragsabschluss ursächlich war. Der
Verkäufer musste sich die Aussagen des Maklers zurechnen lassen. Da die
Käufer am Vertrag festhielten, stand ihnen eine Preisminderung nach der
relativen Berechnungsmethode zu.
"Eine Vertragsänderung im Sinne des
§ 872 ABGB berechtigt nicht einfach zur Forderung der Differenz
zwischen dem vereinbarten und dem wirklichen Wert der Leistung. Der
vereinbarte Preis muss sich zum geänderten Preis verhalten wie der Wert
der Sache ohne Mangel zum Wert der Sache mit Mangel. Nur so kann die
von den Parteien dem Vertragsabschluss zugrunde gelegte Wertrelation
zwischen Leistung und Gegenleistung (subjektive Äquivalenz), die soweit
sie nicht durch Willensmängel beeinflusst ist, keiner Korrektur bedarf
und zugänglich ist, aufrechterhalten werden."
"Unbefristeter Mietvertrag im Einfamilienhaus" OGH 17.04.2007, 5 Ob 275/96
Eine
Immobilienmaklerin hatte einer unerfahrenen Vermieterin eines
Einfamilienhauses einen vom Mieter selbst verfassten Mietvertrag als "unbedenklich" zur Unterschrift vorgelegt. Unter anderem war der
Vertrag ausdrücklich (nach alter Rechtslage noch dem MRG unterliegend)
unbefristet abgeschlossen worden, zudem zu einem unüblich niedrigen
Mietpreis. Unter der Prämisse, dass die Vermieterin bei Aufklärung über
Befristungsalternativen den Vertrag keinesfalls unbefristet
abgeschlossen hätte "was im fortgesetzten Verfahren zu beweisen war"
war der Vermieterin den Ersatz der Wertminderung (in Höhe von EUR
145.346,-) zuzusprechen.
"Liebhaberpreis" OGH 02.09.2009, 7 Ob 157/09b
Der
Liegenschaftseigentümer wollte die Liegenschaft so teuer als möglich
verkaufen, der alleinbeauftragte Makler teilte dem Verkäufer mit, dass
für die Liegenschaft nur ein Verkaufspreis von circa. 350.000 EUR zu
erzielen sei. Aus diesem Grund hatte der Verkäufer zunächst ein Anbot
in Höhe von 340.000 EUR angenommen, wovon er jedoch wieder zurücktrat,
nachdem es ihm gelang, die Liegenschaft an seinen Nachbarn (!) für
460.000 EUR zu veräußern. Ein im Provisionsprozess eingeholtes
Sachverständigengutachten ergab, dass der Verkehrswert der Liegenschaft
402.000 EUR betrug und die Spannbreite für einen angemessenen Kaufpreis
zwischen 341.700 EUR und 462.300 EUR lag.
Die unrichtigen
Angaben zum Marktwert haben beim Verkäufer einen Irrtum bewirkt, der
auf das Verhalten des Maklers zurückzuführen sei und damit kausal für
die Nichtausführung des Vertrags war und daher auch zum Entfall der
Maklerprovision führte.
Fazit: Vermitteln alleine ist zu wenig
Die
herrschende Judikatur stellt hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht
des Maklers. Aus der jüngsten Entscheidung (siehe oben) dürfen jedoch
nicht voreilige Schlüsse gezogen werden: im gegenständlichen Fall wurde
der Anspruch des Maklers auf eine Provision deshalb verneint, weil ein
vermitteltes Geschäft letztlich aus Gründen, die der Makler mit seiner
falschen Markteinschätzung zu vertreten hatte, nicht ausgeführt wurde.
Falsch wäre jedoch daraus abzuleiten, dass bereits grundsätzlich die
Erzielung eines höheren Verkaufspreises als der vom Makler
vorgenommenen Markteinschätzung eine Minderung bzw. Entfall der
Provision bewirken würde. Auch der "Wert der besonderen Vorliebe" darf
hier nicht außer Acht gelassen werden.
Der Makler legt nicht den Preisrahmen fest, der zulässig ist, im Gegenteil: Es ist der Verkäufer, der über die Höhe der Verhandlungsbasis entscheidet. Die Einigung über den Preis ist -
abgesehen von Willensmängeln - keiner Korrektur zugänglich. Der Makler
wird gut beraten sein, seine Wertangaben nur in einer entsprechenden
Bandbreite zu machen. Gerade bei Sonderimmobilien oder jenen, wo nur
wenige Vergleichswerte verfügbar sind, ist eine solche Vorgangsweise
sinnvoll, um nicht den Provisionsanspruch zu gefährden. Kauf, Miete, Betriebskosten, Provision, Bewertung, Makler, Bauträger, Verwalter, Energieausweis, Immobilien, Mietvertrag, Interessensvertretung, Sachverständige, Mietrecht, Mietvertrag, Befristung, Kaution, Nebenkostenübersicht, Musterverträge, Immobilientreuhänder Der Österreichische Verband der Immobilientreuhänder ÖVI – die Qualitäts-Plattform von mehr als 450 Maklern, Verwaltern, und Bauträgern in Österreich - bietet umfangreiche Informationen zu allen Themen rund um die Immobilie. Der Immobilienmakler als Sachverständiger ÖVI Österreichischer Verband der Immobilientreuhänder
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Mariahilfer Straße 116/2.OG/2 - 1070 Wien
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