Einigung bei der Überarbeitung der EU- Gebäuderichtlinie
Der Europäische Rat hat sich Ende Oktober nunmehr auf einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden geeinigt. Vor einem Jahr im Dezember 2021 hatte die Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der EU-Gebäuderichtlinie vorgelegt, der die Dekarbonisierung von Gebäuden in der EU vorantreiben sollte und die EU bis 2050 auf den Weg zur Klimaneutralität bringen sollte. Der Vorschlag hatte nicht nur in der Immobilienbranche für heftige Reaktionen gesorgt – die einen sahen die geplanten Änderungen als längst überfällig an, die anderen fürchteten, die Pläne könnten Millionen Besitzer das Eigenheim kosten. Die Vorschläge sahen eine Sanierungspflicht für die energietechnisch miserabelsten Bestandsgebäude vor. Die Vorschläge zu den Sanierungspflichten für Bestandsgebäude wurden bei den Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten im EU-Rat nun deutlich abgeschwächt.
In Bezug auf neue Gebäude kam der Europäische Rat nun überein, dass ab 2028 neue Gebäude im Eigentum öffentlicher Einrichtungen Null-Emissions-Gebäude sein sollen, ab 2030 soll das für alle neuen Gebäude gelten. Ausnahmen sollen für bestimmte Gebäude (historische, Kirchen etc.) möglich sein. Ein „Nullemissionsgebäude“ ist nach der neu gefassten Definition ein Gebäude mit einer sehr hohen Gesamtenergieeffizienz, das keine oder eine sehr geringe Energiemenge benötigt, keine CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen am Standort verursacht und keine oder eine sehr geringe Menge an betriebsbedingten Treibhausgasemissionen verursacht. Ab Anfang 2027 sollen für Neubauten mit mehr als 2000 m² das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial berechnet und im Energieausweis offengelegt werden. Ab 2030 soll das dann für alle Neubauten gelten. Die Einhaltung konkreter Anforderungswerte für das THG-Potential im Lebenszyklus ist nicht vorgesehen.
Für bestehende Gebäude haben sich die Mitgliedstaaten auf die Einführung von Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz geeinigt, die einer maximalen Primärenergiemenge entsprechen, die Gebäude jährlich pro Quadratmeter verbrauchen dürfen. Dies soll Renovierungen anstoßen und dazu führen, dass die schlechtesten energetischen Gebäude zuerst saniert werden und der nationale Gebäudebestand kontinuierlich verbessert wird. Für Nichtwohngebäude sollen aber andere Anforderungen als für Wohngebäude gelten.
Auf Grundlage des Primärenergieverbrauchs sollen maximale Schwellenwerte für die Gesamtenergieeffizienz festgelegt werden. Der erste Schwellenwert soll unterhalb des Primärenergieverbrauchs der energetisch schlechtesten 15 % der Nichtwohngebäude in einem Mitgliedstaat liegen. Der zweite soll beim Primärenergieverbrauch der energetisch schlechtesten 25 % der Nichtwohngebäude liegen. Die Mitgliedstaaten sollen Mindeststandards für die Energieeffizienz festlegen, mit denen sichergestellt wird, dass alle Nichtwohngebäude bis 2030 unter den Schwellenwert von 15 % und bis 2034 unter den Schwellenwert von 25 % gebracht werden, was einer Sanierungspflicht für die energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude entspricht.
Anders als im bisherigen Entwurf der EU-Kommission soll es für bestehende Wohngebäude aber keine Sanierungspflichten für die schlechtesten Gebäude (worst first) mehr geben. Stattdessen sollen verpflichtende Werte für den Durchschnitt des gesamten Wohngebäudebestandes festgelegt werden. Für bestehende Wohngebäude vereinbarten die Mitgliedstaaten, Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz auf der Grundlage eines nationalen Pfads festzulegen, der an der in ihren nationalen Gebäuderenovierungsplänen dargelegten schrittweisen Renovierung ihres Gebäudebestands zu einen Nullemissionsgebäudebestand bis 2050 ausgerichtet ist, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Europäischen Rats.
Der nationale Pfad soll demnach der Verringerung des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs im gesamten Wohngebäudebestand im Zeitraum von 2025 bis 2050 entsprechen, wobei es zwei Kontrollpunkte geben wird, um die Fortschritte der Mitgliedstaaten festzuhalten. Dadurch würde gewährleistet, dass der durchschnittliche Primärenergieverbrauch des gesamten Wohngebäudebestands
Energieausweise sollen eine neue Kategorie „A0“ für Nullemissionsgebäude bekommen. Die neue Kategorie „A+“ kann für Gebäude hinzufügt werden, die nicht nur Nullemissionsgebäude sind, sondern auch am Standort mit erneuerbarer Energie einen Beitrag zum Energienetz leisten.
Mit dem zuvor in der Richtlinie festgelegten Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden werden Gebäude auf einer Skala von A (beste Gesamtenergieeffizienz) bis G (schlechteste Gesamtenergieeffizienz) auf der Grundlage ihrer Gesamtenergieeffizienz eingestuft.
Eine Einigung der Mitgliedstaaten erfolgte auch darüber, dass Anforderungen festgelegt werden, mit denen sichergestellt wird, dass alle neuen Gebäude so konzipiert werden, dass ihr Potenzial zur Erzeugung von Solarenergie optimiert wird. Geeignete Solarenergieanlagen sind in zeitlichen Etappen auf allen neuen öffentlichen Gebäuden und allen Nichtwohngebäuden installiert werden müssen, bis zum 31. Dezember 2029 auf allen neuen Wohngebäuden.
Die Mitgliedstaaten einigten sich weiters auch auf Anforderungen an die Bereitstellung einer nachhaltigen Mobilitätsinfrastruktur, wie Ladestationen für Elektrofahrzeuge und ‑fahrräder in oder in der Nähe von Gebäuden, die Verkabelung für die künftige Infrastruktur und Stellplätze für Fahrräder. Außerdem sollen freiwillige Renovierungspässe für Gebäude eingeführt werden.
Mit der Einigung im Europäischen Rat folgen nun die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament. Sobald eine politische Einigung zwischen den beiden Institutionen erzielt wurde, wird der endgültige Text vom Rat und vom Parlament förmlich angenommen.
Ein Beitrag von Mag. Karin Sammer, ÖVI Recht und Research
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Mariahilfer Straße 116/2.OG/2 - 1070 Wien
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