Gut versichert - Ein Fall aus der Praxis
Maklerhaftung – fast schon amerikanische Verhältnisse?
Der Sachverhalt ist mitten aus dem Leben gegriffen: Die Klägerin erwarb 2014 vom Erstbeklagten, dem Verkäufer eine Liegenschaft mit einem 1974 errichteten Einfamilienhaus um 480.000 EUR. Der Verkäufer hatte das Haus 2011 erworben und verschiedene Umbau- und Sanierungsarbeiten vorgenommen. Für den Verkauf hatte er die Zweitbeklagte, deren Komplementär der Drittbeklagte ist, als Maklerin beauftragt. Im Exposé des Maklers wurde das Haus wie folgt beschrieben: „[…] NEUWERTIGES Landhaus im Grünen, in idyllischer Waldrandlage […] Baujahr Renovierung: ca 4/2012 […] Zustand: sehr gut […] BESTZUSTAND […] 2012 wurde die gesamte Liegenschaft aufwendigst generalsaniert und befindet sich daher in einem ausgezeichneten Zustand“.
Der Drittbeklagte bestätigte der Klägerin in einem Verkaufsgespräch, dass das Haus „umfassend saniert“ sei. Dessen Beschreibung als „generalsaniert“, „neuwertig“, in „sehr gutem Zustand“ und „aufwendigst saniert“ spielte für ihren Kaufentschluss eine entscheidende Rolle. Die Klägerin wurde von der Verkäuferseite vor Abschluss des Kaufvertrags auf diverse Sanierungsarbeiten hingewiesen. Es wurde hervorgehoben, dass die Fassade neu gemacht und ein Dachausbau erfolgt sei. Dass Teile des Hauses – insbesondere dessen Gebäudesubstanz (das Mauerwerk) – nicht saniert wurden, wurde ihr nicht mitgeteilt. Bei einer Besichtigung fiel der Klägerin auf, dass sich der Boden im Schlafzimmer gesenkt hatte und in manchen Zimmern – entgegen der Beschreibung im Exposee – Laminat statt Parkett verlegt war. Die Bodensenkung erklärte der Drittbeklagte damit, dass diese „schon immer vorhanden gewesen und statisch unbedenklich“ sei.
Der zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten abgeschlossene Kaufvertrag enthält ua folgende Bestimmung: Der Verkäufer haftet jedoch für die fachgerechte Renovierung des Hauses samt Ausbau des Dachgeschosses und dafür, dass die hiezu allfällig erforderlichen baubehördlichen Bewilligungen vorliegen. Weiters haftet er für die Funktionsfähigkeit der Heizung und der Wasserversorgung. Die Käuferin ist in Kenntnis, dass eine minimale Bodensenkung im Wohnzimmer im Erdgeschoss und im Schlafzimmer im Obergeschoss vorliegt, die nach Angaben des Verkäufers statisch unbedenklich sind.“
Die Liegenschaft wies bei Übergabe zahlreiche Mängel auf. Der Makler wusste, dass keine Sanierung der Gebäudesubstanz erfolgt war. Der Verkäufer lehnt eine Mängelbehebung ab. Die Klägerin beabsichtigt – soweit dies nicht ohnehin bereits erfolgte – eine Sanierung des Hauses.
Die Klägerin begehrt vom Verkäufer und vom Makler Schadenersatz in Höhe von insgesamt 339.000 EUR. Von der Zweit- und dem Drittbeklagten begehrt sie außerdem die Rückzahlung eines Teils der Maklerprovision von 7.500 EUR. Die Klägerin stützt ihr Klagebegehren gegenüber dem Erstbeklagten auf Schadenersatz wegen mangelhafter Leistung und gegenüber der Zweit- und dem Drittbeklagten auf eine Verletzung ihrer Informationspflichten als Makler. Sie habe aufgrund der Angaben im Exposee sowie der Zusicherungen durch den Erst- und Drittbeklagten darauf vertraut, dass das Haus „umfassend generalsaniert“ sei. Hätte sie Kenntnis von den – dieser Zusage widersprechenden – Mängeln gehabt, hätte sie die Liegenschaft nicht erworben. Auf Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche habe sie nicht verzichtet.
Wie das Verfahren im Hinblick auf den Verkäufer ausgegangen ist, kann hier aufgrund der Zurückverweisung in die erste Instanz (aus formalen, prozesstechnischen Gründen) noch nicht gesagt werden. Aufgrund der bloß pauschal angeführten Gewährleistungs- und Schadenersatzforderungen wurde dem Kläger vom OGH nämlich die Möglichkeit zur Verbesserung gegeben - unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen.
Erwartbar -und dennoch im vollen Umfang immer wieder nachdenklich machend sind die Aussagen des OGH zu den Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Makler und dessen Komplementär, deren Revision abgewiesen wurde: Dem erstinstanzlichen Klagevorbringen kann dazu entnommen werden, dass die Klägerin die Liegenschaft mit dem Haus ohne Aufklärungspflichtverletzung nicht erworben hätte. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin daher ein Vermögensschaden entstand, weil sie statt des Kaufpreises ein diesem wertmäßig nicht entsprechendes Vermögensgut erhielt, kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Der Klägerin ist daher Gelegenheit zur entsprechenden Schlüssigstellung ihres Vorbringens zu dem durch die Aufklärungspflichtverletzung der Zweit- und des Drittbeklagten konkret verursachten (Differenz-)Schadens zu geben. Sollte ihr dies gelingen, wären Feststellungen zu treffen, anhand derer eine solche Vermögenseinbuße beurteilt werden kann. Zusammengefasst ist das (Teil-)Zwischenurteil des Berufungsgerichts, mit dem die Haftung des Maklers hinsichtlich eines Teilanspruchs von 248.280 EUR (weitere 90.720 EUR Teilzahlungsbegehren waren schon rechtskräftig…) dem Grunde nach bejaht wurde, zu bestätigen.
Conclusio: Auch wenn das sogenannte Erfüllungsinteresse (zB die Kosten der erforderlichen Mängelbehebung) vom Makler nicht eingeklagt werden kann, kann es über den Umweg des Vertrauensschadens zu enormen Haftungen des Maklers kommen. Der Folgeprozess zwischen Makler und Verkäufer ist beim konkreten Fall wohl schon in Sicht…
Anton Holzapfel
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Mariahilfer Straße 116/2.OG/2 - 1070 Wien
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