Muss ein Zusatzofen geduldet werden?
Lag bisher die Entscheidung, in welcher Art und Weise der eigene Wohnraum zu beheizen ist, abhängig von den jeweiligen Präferenzen und Möglichkeiten, beim Verfügungsberechtigten, wird diese Freiheit mittlerweile sowohl durch das in der Pipeline befindliche EWG (Erneuerbare-Wärme-Gesetz, siehe dazu die Coverstory der aktuellen Ausgabe) als auch durch die vom Ukraine-Krieg ausgelöste »Gaskrise« wesentlich beschränkt.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht unbedingt verwunderlich, dass Mieter wie Wohnungseigentümer sich aus Angst vor einem Versorgungsengpass vermehrt mit dem Gedanken tragen, den eigenen Wohnraum (zusätzlich) mit einem Holz-befeuerten Ofen (»wie in der guten alten Zeit«) auszustatten.
Die Ausstattung der Wohnung mit einem Holzbrennofen stellt – sofern für diese Maßnahme auch allgemeine Teile des Hauses wie das Mauerwerk in Anspruch genommen werden müssen – eine wesentliche Veränderung derselben dar, die nur unter den jeweiligen Voraussetzungen (§ 9 MRG, § 16 WEG) zulässig ist. Der wesentlichste Unterschied ist, dass nach MRG die Veränderung der Übung des Verkehrs UND einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dienen muss, während nach dem WEG das Vorliegen einer dieser beiden Voraussetzungen (»oder«) ausreichend ist.
Der OGH sprach zu 5 Ob 33/16p aus, dass die beabsichtigte Errichtung eines 720 kg schweren Kachelofens, der nur unter Anbohren des Estrichs, sei es zur Befestigung der als Grundplatte des Kachelofens dienenden Stahlplatte, sei es zur Durchführung von Kernbohrungen, um Sockelstempel in schallentkoppelter Ausführung einzusetzen, aufgestellt werden kann, nicht mehr als unwesentlich zu qualifizieren ist und auch nicht der Übung des Verkehrs entspricht. Das Höchstgericht betonte in dieser Entscheidung auch, dass der Umstand, dass nach statistischen Erhebungen in Österreich im Jahr 2000 rund 404.000 Haushalte einen Kachelofen besaßen und darüber hinaus der Wunsch einer Vielzahl von Haushalten bestand, einen solchen zu besitzen, die vom MRG geforderte Voraussetzung der Verkehrsüblichkeit einer solchen Maßnahme bei Bestehen einer zentralen Wärmeversorgungsanlage nicht zu begründen vermag. Ob eine ein solches Ansinnen im Lichte der eingangs erwähnten Umstände (EWG, Gaskrise) heute vom OGH anders beurteilt werden würde, bleibt daher eher zweifelhaft.
Auch das LGZ Wien sprach zu 38 R 94/16d aus, dass eine allenfalls eintretende Kostenersparnis durch einen zusätzlichen Kaminofen bei Vorhandensein einer ausreichenden und funktionstüchtigen zentralen Wärmeversorgungsanlage über ein bloß wirtschaftliches Interesse nicht hinausgeht. Ein solches rechtfertigt nicht die Annahme eines wichtigen Interesses iSd § 9 MRG. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des OGH, der eine Maßnahme, die nur die subjektive Komfortverbesserung durch Schaffung eines behaglicheren Raumklimas bezweckt, nicht im wichtigen Interesse des Mieters gelegen sieht (zB 5 Ob 232/16b).
Schon diese Judikate zeigen, dass das Ansinnen eines Mieters, der »Gaskrise « mit einem (zusätzlichen) holzbefeuerten Ofen zu begegnen, nicht leicht durchsetzbar sein wird. Sowohl die Verkehrsüblichkeit als auch das wichtige Interesse wird nicht in jedem Fall leicht argumentierbar sein. Fraglich bleibt freilich, wie »veritabel « die Gaskrise werden muss, damit eine – dann beträchtliche – Kostenersparnis doch als ein wichtiges (nicht nur bloß wirtschaftliches) Interesse anzuerkennen ist.
Unproblematischer wird für den Mieter der Anschluss eines Kaminofens (»Schwedenofen«), der sich durch eine geschlossene Kaminkammer auszeichnet, an einen bestehenden Kamin ohne Inanspruchnahme der Gebäudesubstanz sein. Der OGH hat zu 5 Ob 140/04f für den Anwendungsbereich des WEG ausgesprochen, dass der Anschluss eines Ofens an einen vorhandenen Kamin keine »Änderung« iSd § 16 WEG darstellt und daher keine Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer bedurfte. Er erachtete diese Maßnahme für derart unwesentlich, dass sie ohne weiteres vorgenommen werden durfte.
Im Zusammenhang mit den aufgrund der aktuellen Situation angesagten Energiesparmaßnahmen wird auch auf verschiedenen Ebenen diskutiert, inwieweit die Senkung der Raumtemperatur sinnvoll und möglich wäre. Zu beachten ist hier grundsätzlich, dass eine zu geringe Raumtemperatur den bedungenen Gebrauch von Wohnraum mindert und eine Mietzinsreduktion rechtfertigt. Einzelne Judikate bilden eine Orientierungshilfe dafür, welche Raumtemperaturen (noch) zumutbar sind. Diese werden auch weiterhin Gültigkeit beanspruchen können, zumal die aktuellen Entwicklungen eine Verschiebung dieser Zumutbarkeitsgrenzen wohl (noch?) nicht rechtfertigen. So hat das LGZ Wien (41 R 638/91) ausgesprochen, dass eine Raumtemperatur von maximal 18 Grad C im Jänner und Februar den bedungenen Gebrauch spürbar beeinträchtigt und eine Zinsminderung im Ausmaß von 10% rechtfertigt. Auch in einer weiteren Entscheidung war das Nichterreichen einer höheren Temperatur als 17–18 Grad C wesentlich, hier wurde aufgrund der zusätzlich relevanten Zugluft infolge undichter Fenster eine Zinsminderung im Ausmaß von 20% als angemessen erachtet (38 R 111/111x).
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
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