Novelle der Wiener Bauordnung 2018
Mit dem Teilbeschluss im vergangenen Juni wurde nicht nur die technische Abbruchreife de-facto-abgeschafft und beschlossen, dass künftig auch einzelne Gebäude als Schutzzone ausgewiesen werden können - vor allem wurde der Abbruch von vor 1945 errichteten Gebäuden auch außerhalb von einer Schutzzone massiv beschränkt. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 30. Juni muss nach § 62a Abs. 5 BauO eine Bestätigung der MA 19 vorgelegt werden, die dokumentiert, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht, – andernfalls ist für den Abbruch eine Bewilligung zu erwirken. Auf eine Übergangsfrist wurde verzichtet, zahlreiche Baustellen sind auch tatsächlich noch am Tag des Inkrafttretes mit einem Baustopp belegt worden. Damit wurden auch bereits lange vorbereitete Projekte von Investoren, die den in Wien dringend nötigen Wohnungsbedarf schaffen, vereitelt oder verkompliziert und auf Kosten der Immobilienwirtschaft die Rechtsicherheit untergraben.
Der Befürchtung der Immobilienwirtschaft, dass im Zuge der Ausstellung dieser Bestätigung willkürlichen Entscheidungen Tür und Tor geöffnet werden, hält die MA 19 auf Anfrage des ÖVI entgegen, dass alle Gutachter/- innen ausgebildete Architekt/-innen oder Kunsthistoriker/-innen sind und alle abbruchrelevanten Entscheidungen im Komitee der Gutacher/-innen abgestimmt, mit der Dezernatsleitung und Abteilungsleitung der MA19 koordiniert und der Stadträtin für Stadtentwicklung zur Freigabe vorgelegt werden. Damit unterliegt die fachliche Entscheidung einem definierten Prozessablauf und einem zumindest 8-Augen-Prinzip. So soll laut Auskunft der MA 19 eine klare nachvollziehbare Linie eingehalten werden und Sonderfälle, Ausnahmen o.ä. in diesen Prozess eingeordnet werden können.
Stellt die MA 19 die Bestätigung aus, ist der Abbruch spätestens vier Wochen vor dem geplanten Beginn der Arbeiten der Behörde (MA 37) vom Bauherrn schriftlich anzuzeigen. Wird die Bestätigung nicht ausgestellt, muss bei der MA 37 um eine Abbruchbewilligung angesucht werden. Im Zuge dieser Einreichung können die Argumente seitens des Abbruchwerbers, warum aus stadtgestalterischer Sicht kein öffentliches Interesse an der Erhaltung des betreffenden Bauwerkes bestehen sollte, vorgebracht werden. Dieses Bewilligungsverfahren wird von der Baubehörde MA37 geführt. Im Verlauf dieses Verfahrens werden pro und contra abgewogen. Das Prozessergebnis mündet in einen Bescheid. Gegen diesen Bescheid kann vor dem Verwaltungsgericht Wien berufen werden.
Weitere Bewilligungsgründe für den Abbruch eines vor 1945 errichteten Gebäudes sind die wirtschaftliche oder technische Unzumutbarkeit, letztere in Anbetracht auf die heutigen Möglichkeiten wohl nur theoretisch.
"Der ÖVI begrüßt, dass die Stadt Wien ihre Verantwortung als Gebietskörperschaft wahrnimmt, für die Bereitstellung von kostengünstigem Wohnraum für bedürftige Personen zu sorgen – eine Aufgabe, die primär der öffentlichen Hand zukommt (und nicht privaten Eigentümern) .Da der konkrete Gesetzeswortlaut erst in einigen Tagen zur Verfügung stehen wird, können wir zunächst nur die Ansage der Politik kommentieren. Wir gehen davon aus, dass die Stadt Wien das Instrument der Widmungskategorie "geförderter Wohnbau" nur für die großräumige Stadtentwicklung und insbesondere Stadterweiterung einsetzen wird, also auf Arealen, auf denen erstmals Bauland geschaffen wird bzw. eine maßgebliche Aufzonung erfolgt. Ebenso nehmen wir an, dass die Stadt Wien – wie bisher – nicht darauf abzielt, den Wert von in Privatbesitz befindlichem Bauland durch Widmungsmaßnahmen zu senken.", kommentiert ÖVI Bauträgersprecher Klaus Wolfinger die heute präsentierten Pläne der Stadt Wien.
Wenn die oben genannten Prämissen eingehalten werden, sieht der ÖVI die angekündigten Maßnahme - vorbehaltlich der legistischen Umsetzung - vorsichtig positiv. Wie so oft wird es auf die praktische Umsetzung ankommen. Auch bei der Handhabung der Abbruchsvoraussetzungen für vor 1945 errichtete Gebäude wird es darum gehen, dass diese ad hoc-Maßnahme sachlich und transparent gelebt wird und sich die Stadt Wien in der sensiblen Übergangsphase um pragmatische Übergangslösungen bemüht.
In den kommenden Tagen soll die gesamte Wiener Bauordnungsnovelle 2018 in die öffentliche Begutachtung gehen - wir halten Sie auf dem Laufenden und werden uns selbstverständlich mit unserer Expertise in den Begutachtungsprozess einbringen!
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Mariahilfer Straße 116/2.OG/2 - 1070 Wien
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