Platz für alle
In Deutschland sind sie schon fester Bestandteil der Wohnkultur: Mehrgenerationenhäuser. Hier leben Menschen verschiedener Altersgruppen unter einem Dach, unterstützen und entlasten sich gegenseitig. Die Idee: Ein Miteinander der Generationen – gefördert von der deutschen Bundesregierung und dem Europäischen Sozialfonds. In Österreich ist man von gesteuerten Projekten dieser Richtung noch weit entfernt und auch Einzelinitiativen österreichischer Bauträger stoßen auf wenig Interesse. Von Laura Gandlgruber
Seniorinnen übernehmen als Leihoma die Kinderbetreuung, Jugendliche begleiten hochbetagte Demenzkranke, Ruheständler geben ihr Wissen an Jüngere weiter, um ihnen den Start ins Berufsleben zu erleichtern – Strukturen, die an die Großfamilie von früher erinnern. Dieses Miteinander der vier Lebensalter (Kinder und Jugendliche, Erwachsene, junge Alte über Fünfzig und Hochbetagte) zu fördern, ist die zentrale Idee der Mehrgenerationenhäuser: Jung und Alt können und sollen sich hier begegnen, voneinander lernen und miteinander aktiv sein – auch und vor allem außerhalb der Familie. Gemeinsame Aktivitäten wie Ausflüge, Bewegungskurse, Vorträge oder das Ferienprogramm für Kinder ermöglichen diesen Austausch. Darüber hinaus steht ein breites Angebot an Betreuung zur Verfügung, von der Kinderbetreuung bis zur stundenweisen Betreuung von Demenzpatienten und Pflegebedürftigen. Herzstück der bundesweit fünfhundert Mehrgenerationenhäuser ist der sogenannte »Offene Treff«, ein als Café oder Bistro gestalteter Raum, in dem sich Angehörige aller Altersgruppen unkompliziert begegnen können. Da sie sowohl den Bedürfnissen älterer Menschen als auch denen von Kindern gerecht werden müssen, gibt es bei der Planung und Gestaltung der offenen Treffs einiges zu bedenken, weiß Ines Wrusch, freie Innenarchitektin aus Hamburg: »Menschen, die gerade erst, noch nicht, nicht mehr so gut oder eben gar nicht laufen können, sollen keine Hürden vorfinden. Menschen, die nicht mehr gut sehen können, sollen sich ohne Stolperfallen sicher fühlen. Konkret heißt das: keine Stufen, keine Podeste. Und die Akustik muss stimmen, der Raum darf nicht hallen. Kinder wollen lärmen, Ältere gehen Lärm aus dem Weg. Das ist wohl die größte Herausforderung.«
Die deutsche Bundesregierung fördert Mehrgenerationenhäuser aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Über einen Zeitraum von fünf Jahren erhält jedes Haus jährlich € 40.000 Förderung, 2012-0014 werden weitere fünfzig Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Von solchen gesteuerten Prozessen ist man in Österreich noch weit entfernt, obwohl es durchaus auch Statements gibt, die vermuten lassen, dass der Handlungsbedarf zumindest erkannt wird. »Österreich muss Heimat für alle Generationen sein. Daher müssen wir das Miteinander der Generationen fördern und uns zur Aufrechterhaltung der Balance unseres Generationenvertrages bekennen«, forderte Christine Marek, Clubobfrau der ÖVP Wien, unlängst im Rahmen eines Symposiums.
Diesen Gedanken hat auch die Firma Kallco Bauträger GmbH aufgegriffen und mit »Wohnbase 11« ein Projekt entwickelt, dessen Kern die Idee des Miteinanders verschiedener Generationen ist. Vorrangig auf die Bedürfnisse der Generation 55+ ausgerichtet geht es dem Projekt aber bewusst darum, Wohnungen ohne Seniorenheimcharakter zu schaffen. Im Gegenteil: Wohnbedürfnisse sind individuell und abhängig von Gesundheitszustand und Lebensumständen. Deshalb sind die Wohnungen so konzipiert, dass sie sich ändernden Verhältnissen angepasst werden können: Nichttragende, installationsfreie Wände ermöglichen eine Adaptierung der Grundrisse falls nötig. Die Wohnungen verfügen über schwellenlose Austritte und überbreite Eingangsbereiche, Schalter und Türgriffe sind tiefer gesetzt. Die Sanitärbereiche sind mit Hänge- WC, unterfahrbarem Waschtisch, rutschsicherem Belag und klappbarem Duschsitz optimal auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet. Eine im Erdgeschoss geplante Servicezone mit Waschsalon, großzügigem Kinderspielraum und angeschlossenem Begegnungsraum soll die generationenübergreifende Kommunikation fördern. Auch eine breite Palette von Dienstleistungen kann hier Platz finden: Je nach konkretem Bedarf der Bewohner können sich hier ein Stützpunkt für mobile Pflegedienstleister, ein Bewegungs- und Betreuungsraum, ein Behandlungsraum für medizinische Routineuntersuchungen und einfache Therapiebehandlungen oder eine »24h-Stunden-Wohnung« befinden, die von individuell beauftragtem Pflegepersonal für die Nachtstunden bzw Ruhepausen genutzt werden kann.
Derartige Projekte können in Zeiten der Überalterung unserer Gesellschaft ein Lösungsansatz sein – dennoch ist offen, ob dieses Projekt überhaupt realisierbar ist, denn während es in Deutschland ein eigenes Förderprogramm für Mehrgenerationenhäuser gibt, zeigt die österreichische Politik für solche Initiativen nur wenig Interesse. Auch der Fonds Soziales Wien winkt mit dem Verweis auf fehlendes Budget nur ab. So zeigt sich leider, dass die Politik über bloße Lippenbekenntnisse wieder einmal nicht herauskommt.
Auf einen Blick: Mehrgenerationenhäuser in Deutschland
500 Mehrgenerationenhäuser gibt es in Deutschland, die meisten davon in Bayern
rund 10.500 Begegnungsmöglichkeiten, Betreuungs- und Dienstleistungsangebote für alle Altersgruppen
500.000 Quadratmeter stehen für das Miteinander von Generationen insgesamt zur Verfügung.
16.00 freiwillig Aktive unterstützen die Arbeit in den Häusern
23.148 Kooperationen gibt es zwischen den Häusern und lokalen Netzwerken
Weitere Informationen unter www.mehrgenerationenhaeuser.de
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