Zur Wohnraumbereitstellung für Vertriebene aus der Ukraine
Beim Prekarium erfolgt die Überlassung unentgeltlich, ein Widerruf ist jederzeit möglich. Unentgeltlichkeit bedeutet, dass lediglich die mit dem unmittelbaren Gebrauch verbundenen Kosten, nicht aber darüber hinausgehende Kostenbestandteile (wie etwa Anteile an der Grundsteuer, Bankgebühren oder auch Versicherungsprämien), verrechnet werden dürfen. Auch Dienstleistungen, die der Nutzungsberechtigte erbringt, wären als Entgelt einzustufen und würden dazu führen, dass das Nutzungsverhältnis als entgeltlicher Mietvertrag einzustufen ist.
Sobald von einer Entgeltlichkeit auszugehen ist, ist der Vertrag als Mietvertrag zu qualifizieren, auf den die mietspezifischen Bestimmungen des ABGB bzw. das MRG anzuwenden sind. Das gravierendste Problem ist, dass diese Entgeltlichkeit – außer im Bereich der MRG-Vollausnahmen – dazu führt, dass eine Befristung nur auf mindestens 3 Jahre wirksam vereinbart werden kann, was in der aktuellen Lage insofern problematisch ist, als dass es sich bei Staatsangehörigen der Ukraine und deren Familienangehörigen entsprechend den EU-rechtlichen Vorgaben um „Vertriebene“ handelt , denen ein vorübergehendes – gegebenenfalls verlängerbares - Aufenthaltsrecht bis 3. März 2023 gewährt wird, sofern sie aus der Ukraine aufgrund des bewaffneten Konflikts vertrieben wurden.
Ein Wohnungseigentümer, der seine leer stehende Wohnung vorübergehend Vertriebenen zur Verfügung stellen möchte, schließt mit diesen eine „Prekariumsvereinbarung“ auf jederzeitigen Widerruf ab, wonach diese keine Miete zu bezahlen haben, sondern lediglich die monatlichen Vorschreibungen der Bewirtschaftungskosten übernehmen sollen.
Achten Sie also darauf, dass in der monatlichen Vorschreibung keine Positionen enthalten sind, die nicht aus dem unmittelbaren Gebrauch resultieren (Beiträge zur Reparaturrücklage, Versicherungsprämien, etc.), ansonsten wäre das Vertragsverhältnis nicht als Prekarium, sondern als Mietvertrag zu qualifizieren. Mangels einer wirksam vereinbarten Befristungsdauer ist dieser auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, im Anwendungsbereich des MRG bedeutet das, dass dieser nur mehr aus einem wichtigen Grund des § 30 MRG gekündigt werden kann.
Bei der Unentgeltlichkeit ist darauf abzustellen, ob die vom Nutzungsberechtigten übernommenen Kosten ihrer Natur nach aus dem Gebrauch resultieren, oder ob sie den Eigentümer unabhängig von jedem Gebrauch aufgrund seiner Eigentümerstellung treffen. Nur die Übernahme der Kosten der zweiten Art stellt Entgelt dar. Ein entgeltliches Rechtsverhältnis liegt dann nicht vor, wenn für die überlassene Sache nicht mehr als 10 % des ortsüblichen Entgelts geleistet wird. (7 Ob 218/14h).
Bei einer Überlassung einer gemieteten Wohnung (entgeltlich wie unentgeltlich) ist zu beachten, dass dies im MRG-Anwendungsbereich – mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung - nur mit Zustimmung des Vermieters zulässig ist. Eine Nichtbenutzung bzw. Weitergabe an nicht eintrittsberechtigte Personen durch den Mieter stellt grundsätzlich einen Kündigungsgrund (§ 30 Abs 2 Z 4, 6 MRG) dar.
Ein Beitrag von Dr. Andreas Berger
Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft
Mariahilfer Straße 116/2.OG/2 - 1070 Wien
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